"Fremd" klingender Name als Bewerbungshindernis: Schadenersatz gerichtlich durchgesetzt
Eine österreichische Staatsbürgerin mit türkischer Migrationsbiografie bekämpft rassistische Diskriminierung im Bewerbungsverfahren mit der Unterstützung der Gleichbehandlungsanwaltschaft.
Vorfall: Rassistische Diskriminierung bei der Bewerbung
Frau T, eine österreichische Staatsbürgerin türkischer Herkunft, möchte sich auf ein Inserat als Zahnarztassistentin bewerben. Für die Stelle ist sie jedenfalls qualifiziert: Neben ihrer erfolgreich in Österreich abgeschlossenen Schul- und Berufsausbildung verfügt Frau T über eine Ausbildung zur Zahnarztassistentin und hat zudem bereits einige Jahre an Berufserfahrung gesammelt.
Daher nimmt Frau T telefonisch Kontakt mit der Zahnärztin Frau B auf. Sie bekundet ihr Interesse an der offenen Stelle und geht kurz auf ihre Qualifikation ein. Frau B zeigt sich interessiert an der Bewerberin und schlägt vor, einen Termin für ein Vorstellungsgespräch zu vereinbaren. Bei der Terminvereinbarung wird Frau T ersucht, ihren vollständigen Namen bekannt zu geben. Nachdem sie diesen genannt hat, verstummt die Zahnärztin kurz und erkundigt sich dann, ob Frau T denn „von hier sei…?“. Frau T gibt zur Antwort, dass sie österreichische Staatsbürgerin mit türkischen Wurzeln sei.
Daraufhin möchte die Zahnärztin die Einladung zum Bewerbungsgespräch zurückziehen und das Gespräch beenden. Auf die konkrete Nachfrage Frau Ts nach dem Grund der Gesprächsbeendigung, bestätigt Frau B, dass sie in ihrer Praxis keine Personen mit türkischer Migrationsbiografie beschäftigen möchte.
Rechtliche Hintergründe
Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit
Der Begriff der „ethnischen Zugehörigkeit“ ist weit auszulegen. Vom Schutzbereich umfasst sind Personen, die als „fremd“ im Unterschied zur jeweiligen Mehrheit wahrgenommen und aus diesem Grund ungleich behandelt werden. Häufige Anknüpfungspunkte sind Hautfarbe, Herkunft, Religion, Sprache, Kultur oder Gebräuche.
Im konkreten Fall kam es zu einer Ungleichbehandlung bei der Begründung eines Dienstverhältnisses wegen Frau T.s türkischer Herkunft, die der potentiellen Arbeitgeberin erst durch Nennung des Vor- und Nachnamens bekannt wurde. Diskriminierung auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit bei der Bewerbung ist nach dem Gleichbehandlungsgesetz verboten (vgl. § 17 Abs 1 Z 1 GlBG).
Vom Interventionsschreiben zur Gleichbehandlungskommission
Nach dem Vorfall wendet sich Frau T an die Gleichbehandlungsanwaltschaft. Mit der Unterstützung einer Gleichbehandlungsanwältin versucht sie zuerst eine Einigung mit der Zahnärztin Frau B zu erreichen. In einer schriftlichen Stellungnahme bestätigt Frau B, der Bewerberin Fragen zu Name und Herkunft gestellt zu haben. Ihre Absage begründet sie allerdings damit, dass Frau T keine zahntechnischen Fähigkeiten vorweisen könne und über eine kürzere Praxiserfahrung verfüge als andere Bewerber:innen.
Da keine Bereitschaft zu einer gütlichen Lösung in Sinne des Gleichbehandlungsgesetzes besteht, bringt Frau T mit Unterstützung der Gleichbehandlungsanwaltschaft einen Antrag auf Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit bei der Begründung eines Dienstverhältnisses bei der Gleichbehandlungskommission ein.
Die Gleichbehandlungskommission stellt im Prüfungsergebnis fest, dass eine Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit vorliegt. Dies ist auf Frau Ts detaillierte, widerspruchsfreie Ausführungen zum Vorfall und ihrem glaubhaften Eindruck zurückzuführen. Frau B brachte zwar im Verfahren vor der Gleichbehandlungskommission als Begründung für ihre Absage an Frau T neuerlich vor, dass Frau T im Unterschied zu ihren Mitbewerber:innen über keine zahntechnischen Fertigkeiten verfüge und weniger Praxisjahre vorweisen könne. Da aber weder Bewerbungsunterlagen übermittelt wurden, noch ein Vorstellungsgespräch geführt wurde, war dieser Vergleich gar nicht möglich. Zudem wurde auf die Notwendigkeit einer zusätzlichen Ausbildung im Stelleninserat nicht hingewiesen.
Die Rechtsfolge einer Diskriminierung bei der Bewerbung ist ein Schadenersatz in Höhe von bis zu 500 Euro, wenn man die Stelle auch bei diskriminierungsfreier Auswahl nicht erhalten hätte. Wäre man bei diskriminierungsfreier Auswahl beschäftigt worden, müssen mindestens zwei Monatsentgelte Schadenersatz geleistet werden (vgl. § 26 Abs 1 GlBG).
Da Frau B sich auch nach verlorenem Verfahren vor der Gleichbehandlungskommission weigert, Schadenersatz zu leisten, entscheidet Frau T, den Gerichtsweg zu beschreiten, um ihren Anspruch nach dem Gleichbehandlungsgesetz durchzusetzen. Aufgrund der guten Erfolgsaussichten durch das eindeutige Prüfungsergebnis der Gleichbehandlungskommission erhält Frau T eine Rechtsschutzzusage der Arbeiterkammer. Nach Klagseinbringung durch diese beim Arbeits- und Sozialgericht wird schließlich ein gerichtlicher Vergleich im höheren dreistelligen Bereich abgeschlossen.