Bisexuelle brauchen zwei Profile auf Dating-Plattform. Ist das Diskriminierung?

Der Fall des Monats beschäftigt sich mit Diskriminierung von bisexuellen Menschen beim Zugang zu einer Dating Plattform. Kann hier das Gleichbehandlungsgesetz Schutz bieten und für Gleichbehandlung sorgen?

Vorfall und Dokumentation

Frau B ist auf der Suche nach einem Partner oder einer Partnerin fürs Leben. Bezüglich des Geschlechts hat sie keine Anforderung an die gesuchte Person. Sie meldet sich bei einer Online-Plattform zur Partner:innen-Vermittlung an. Dort muss sie feststellen, dass sie entweder nach Männern oder nach Frauen suchen kann, nicht jedoch nach beiden Geschlechtern gleichzeitig. Das verwundert Frau B und sie wendet sich an das Kundenservice. Von diesem erhält sie die Antwort, dass sie mit einem Account nicht nach Männern und Frauen gleichzeitig suchen könne. Falls sie auf der Suche nach einer Person egal welchen Geschlechts ist, müsse sie einen zweiten Account anlegen. Man biete ihr aber 50 % Rabatt für diesen zweiten Account an.

Frau B wendet sich daraufhin an die Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW). Aus Sicht der GAW handelt es sich zweifellos um einen Nachteil, der als Diskriminierung auf Grund der sexuellen Orientierung zu werten wäre. Das Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) sieht jedoch keinen Schutz für Personen auf Grund der sexuellen Orientierung beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen vor. Die GAW kann den Fall aus diesem Grund nur dokumentieren, aber keine rechtlichen Schritte setzen. Die Dokumentation hilft allerdings, der Forderung nach einem Levelling-up Nachdruck verleihen. Diese Forderung stelle eine der fünf wichtigsten Forderungen der GAW dar.

Hintergründe

Diskriminierung bei einer Dienstleistung

Bei Diskriminierungen im Zusammenhang mit dem Zugang zu Dienstleistungen gilt grundsätzlich das GlBG. Als Dienstleistungen im Sinne des GlBG gelten etwa der Besuch bei der Ärztin oder beim Friseur, die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln, die Inanspruchnahme von Bank oder Versicherungsleistungen oder eben auch eine Online-Plattform zur Partner:innen-Vermittlung, wie im Fall von Frau B. Allerdings ist der Diskriminierungsschutz hier im Vergleich zur Arbeitswelt nicht so umfassend: derzeit schützt das GlBG nur vor Diskriminierungen auf Grund des „Geschlechts“ und der „ethnischen Zugehörigkeit" (Teil III GlBG, §§ 30ff.).

Lesben, Schwule, Bisexuelle und Queers bei Dienstleistungen nicht geschützt

Frau B wird auf Grund ihrer sexuellen Orientierung der Zugang zur Dienstleistung der Partner:innen-Vermittlung erschwert. Das GlBG schützt allerdings derzeit nicht bei Diskriminierungen auf Grund der „sexuellen Orientierung“ beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen. Es kann leider nach wie vor nicht gesetzlich bekämpft werden, wenn homo- oder bisexuell orientierte Menschen allein aufgrund ihrer sexuellen Orientierung aus einem Kaffeehaus verwiesen werden (Vor einigen Jahren sorgte der „Kuss-Fall“ im Wiener Café Prückel für Aufregung. Ein lesbisches Paar wurde ersucht, das Kaffeehaus zu verlassen, nachdem es sich zur Begrüßung geküsst hatte. vgl. wien.orf.at vom 11.01.2015 [Zugriff: 28.05.2020]),  einen Mietvertrag nicht gewährt erhalten, im Taxi nicht mitgenommen werden, u.Ä. Das gilt auch für Belästigungen und Beleidigungen. Derartige Handlungen aus rassistischen oder sexistischen Motiven können im Gegensatz dazu jedoch bekämpft werden. Wenn homo- oder bisexuell orientierte Menschen in einem Geschäft, in einem Restaurant oder von Mitarbeiter:innen eines von ihnen beauftragten Betriebs wegen ihrer sexuellen Orientierung beschimpft werden, bleibt dies nach wie vor ohne rechtliche Folgen nach dem GlBG. Handelt es sich um massive Einschüchterungen und Beschimpfungen droht eventuell eine strafrechtliche Konsequenz. Die Schwelle der einschlägigen Straftatbestände (Nötigung, Gefährliche Drohung, Üble Nachrede, Beleidigung, …) ist jedoch recht hoch gesetzt und wird bei den meisten Diskriminierungen nicht überschritten. Zudem hat das GlBG eine ganz andere Stoßrichtung als das Strafrecht – es geht hier nicht primär um eine Sanktion zur Abschreckung, sondern um einen Ausgleich einer individuellen Würdeverletzung. Es bietet somit dem:der Betroffenen verschiedene Vorteile: Es sieht einen individuellen Schadenersatzanspruch vor, der rechtlich durchgesetzt werden kann, ermöglicht den Zugang zu Beratungs- und Rechtsschutzeinrichtungen und erleichtert die Beweislast zugunsten des:der Betroffenen.

Frau B kann sich mithilfe des GlBG nicht zur Wehr setzen. Sie kann den Fall lediglich dokumentieren lassen. Die Dokumentation von Sachverhalten wie jenem von Frau B ist essentiell: Derartig gelagerte Fälle können so erfasst werden und ermöglichen der GAW auf bestehende Schutzlücken hinzuweisen.

Fälle können der GAW telefonisch, per Mail sowie ganz einfach über die Gleichbehandlungs:App gemeldet werden. Die App steht im Google Playstore und in iTunes kostenlos zum Download zur Verfügung. Auf der Homepage der GAW kann man sich auch gleich auf der Startseite unter „Diskriminierung melden“ schnell und unbürokratisch melden und Fälle dokumentieren lassen.

Fazit

Stärkung der Schutzmöglichkeiten gegen Diskriminierung in den unterschiedlichen Lebensbereichen

Im Bereich der Gleichstellung von homo- und bisexuellen Menschen bestehen Schutzlücken. Eine groß angelegte Studie zu „Diskriminierungserfahrungen in Österreich“ belegte, dass schwule, lesbische oder bisexuelle Befragte zu 73 % eine Diskriminierung in den letzten drei Jahren erlebt haben. Im Vergleich zu heterosexuellen Befragten besteht für sie eine mehr als drei Mal so hohe Wahrscheinlichkeit, in mindestens einem der vier untersuchten Lebensbereiche „Arbeit“, „Wohnen“, „Gesundheit“ und „Bildung“ eine Schlechterbehandlung zu erleben (SORA im Auftrag der AK; Daniel Schönherr / Bettina Leibetseder / Winfried Moser / Christoph Hofinger: Diskriminierungserfahrungen in Österreich). Bis auf „Arbeit“ fallen diese Lebensbereiche allesamt in den Teil III des GlBG, für welchen kein Schutz für sexuelle Orientierung besteht. Die Miteinbeziehung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Queers in den Schutz bei Dienstleistungen ist dringend geboten. Es ist nicht nachvollziehbar, wieso Homo- und Bisexuelle sowie Personen mit einer queeren sexuellen Orientierung im Bereich der Güter und Dienstleistungen nicht das gleiche Schutzbedürfnis haben sollten wie Personen, die aufgrund ihres Geschlechts oder ihrer ethnischen Zugehörigkeit Benachteiligungen erfahren. Den Mitgliedstaaten der EU steht es offen, den durch Richtlinien vorgegebenen Diskriminierungsschutz auszuweiten. Österreich erfüllt nur den EU-Mindeststandard. EQUINET, das europäische Netzwerk der Gleichbehandlungsstellen, hat Mitglieder in 37 europäischen Staaten - in 33 dieser Länder haben die EQUINET-Mitglieder das Mandat Diskriminierungen auf Grund der sexuellen Orientierung außerhalb der Arbeitswelt zu verfolgen (Equinet Brochure 2019, [Zugriff: 28.05.2021]). Auch alle Antidiskriminierungsgesetze der Bundesländer sehen einen Schutz vor. Österreich hat als eines der europäischen Schlusslichter offensichtlichen Nachholbedarf in diesem Bereich.