Zuerst „zu voll“, dann „Einlass nur mit Reservierung“: Gleichbehandlungskommission bestätigt Rassismusvorfall an der Clubtür

P und Z möchten in einen Club gehen, aber die Türsteher lassen sie unter vorgeschobenen Vorwänden nicht ein. Die Gleichbehandlungskommission bestätigt den Vorfall als rassistische Diskriminierung und der Lokalinhaber zahlt 2000 Euro Schadenersatz.

Vorfall: Rassistisch motivierte Einlassverweigerung

P und Z möchten abends in ein Lokal gehen, ihre Freund:innen sind schon längst dort und warten auf sie. Doch am Lokaleingang wird ihnen der Zutritt verweigert, es sei „zu voll“, erklärt der Türsteher. Die beiden Freunde warten ab, bis einige Gäste das Lokal verlassen. Auch bei einem erneuten Anlauf wird P und Z der Zutritt verweigert, sie beschließen weiter zu warten und zu beobachten. Eine größere Gruppe erreicht die Partylocation. P und Z versuchen abermals das Lokal zu betreten, diesmal heißt es, der Zutritt sei nur „mit Reservierung“ möglich. Die beiden Freunde unterhalten sich mit Personen aus der neu dazu gestoßenen Gruppe. Diese geben an, keine Reservierung zu haben, sie werden aber trotzdem hineingelassen. P und Z beobachten, dass es beim Einlass ein Schema gibt: es kommen vor allem weiße Personen in das Lokal, sie hingegen seit knapp einer Stunde nicht.

Die Freund:innen von P und Z sind inzwischen aus der Location gekommen, um die beiden zu unterstützen. Sie berichten, dass es drinnen nicht außergewöhnlich voll sei. P und Z sind ähnlich gestylt wie ihre Freund:innen, die bereits im Club feiern. Sie haben außerdem keinen Alkohol konsumiert, es gibt demnach keine Verstöße gegen die Hausordnung oder einen Dresscode. Die Freund:innen suchen das Gespräch mit den Türstehern, doch diese beharren weiterhin darauf, dass P und Z nicht in den Club kommen. Aufgrund dieser einschneidenden und erniedrigenden Erfahrung beschließen die beiden Freunde, sich an die Gleichbehandlungsanwaltschaft zu wenden.

Rechtliche Hintergründe

Schutz vor rassistischen Diskriminierungen: Auch für Clubs und Lokale gilt das Gleichbehandlungsgesetz

Das Gleichbehandlungsgesetz verbietet Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen (§ 31 GlBG). Dieses Diskriminierungsverbot umfasst auch den Zutritt zu Lokalen, Clubs und Diskotheken. Das Gleichbehandlungsgesetz verbietet auch rassistische Diskriminierungen und Belästigungen in Lokalen, Clubs oder Diskotheken.

Für diesen Fall ist außerdem wichtig, dass die zwei Betroffenen P und Z aufgrund einer ihnen zugeschriebenen ethnischen Zugehörigkeit schlechter behandelt worden sind, als Gäste, denen dieses Merkmal nicht vom Türsteher zugeschrieben worden ist. In einem solchen Zusammenhang spricht man von unmittelbarer Diskriminierung (§ 32 GlBG).

Es ist unerheblich, ob diskriminierende Handlungen vorsätzlich oder unbeabsichtigt passieren. Die Betreiber:innen oder Inhaber:innen von Lokalen, Diskotheken und Clubs haften zudem für das Verhalten ihrer Türsteher:innen. Für Betroffene einer Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit besteht Anspruch auf Schadenersatz für die erlittene Würdeverletzung und persönliche Beeinträchtigung (§ 35 GlBG).

Erfolgreicher Antrag und Schadenersatz: Aber Klienten wollen anderen diese Erfahrung ersparen

Die Gleichbehandlungsanwaltschaft interveniert zunächst direkt beim Lokalinhaber. Ziel ist es, eine einvernehmliche Lösung für die entstandene Würdeverletzung zu vereinbaren. Den Klienten P und Z geht es darum, dass anderen Gästen rassistische Diskriminierungserfahrungen in Zukunft erspart bleiben. Der Lokalbetreiber zeigt sich jedoch uneinsichtig: Es hätte sich an diesem Abend um eine „geschlossene Veranstaltung“ gehandelt, P und Z seien allein aus diesem Grund abgewiesen worden.

Die Gleichbehandlungsanwaltschaft bringt daraufhin einen Antrag bei der Gleichbehandlungskommission ein. Das Prüfungsergebnis bestätigt auf Basis der glaubhaften Schilderungen von P und Z den Vorfall als rassistische Diskriminierung. Die „geschlossene Veranstaltung“ konnte der Inhaber hingegen in der Befragung nicht glaubhaft machen, dies wird von der Kommission als Schutzbehauptung abgewiesen. Es besteht Anspruch auf Schadenersatz.

Die Klienten P und Z beauftragen die Gleichbehandlungsanwaltschaft mit den Vergleichsverhandlungen. Die beiden Freunde wären nach wie vor bereit, auf Schadenersatz zu verzichten. Ihre Auflage ist, dass der Lokalinhaber sich bereiterklärt, sein Personal zu schulen und einen Aushang mit einem klaren Bekenntnis zum Ziel der Nicht-Diskriminierung zu machen. Mit dem Argument, dass manche Situationen „nur schwer zu kontrollieren“ seien, wehrt der Inhaber diesen Vorschlag ab. Er bietet P und Z jeweils 1000 Euro Schadenersatz an, den diese letztlich annehmen.

Fazit: Präventive Maßnahmen kommen Lokalbesucher:innen und Betreiber:innen zugute

Der geleistete Schadenersatz des Lokalinhabers ist ein wichtiger Aspekt der Wiedergutmachung für die entstandene Würdeverletzung. In diesem Fall war den Klienten jedoch wichtig, dass andere Besucher:innen des Lokals zukünftig keine rassistischen Diskriminierungserfahrungen machen. Insofern konnte der Fall nur teilweise im Sinne der Betroffenen abgeschlossen werden.

Die Weigerung des Inhabers, den Vorfall als Anlass zu nehmen, Maßnahmen für das Ziel der Nicht-Diskriminierung umzusetzen, ist nach Ansicht der Gleichbehandlungsanwaltschaft problematisch. Argumente wie, dass manche Situationen nur „schwer kontrollierbar“ seien, schützen nicht vor der Verantwortung. Bei einem erneuten rassistischen Vorfall haftet nämlich wieder der Inhaber. Insofern sind Präventivmaßnahmen der deutlich nachhaltigere Weg: Sie kommen sowohl den Besucher:innen als auch den Betreiber:innen von Lokalen, Clubs und Diskotheken zugute.

In Zusammenarbeit mit Black Voices, dem Klagsverband und ZARA – Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit hat die Gleichbehandlungsanwaltschaft eine Empfehlung und Musterhausordnung für Beitreiber:innen von Lokalen, Clubs und Diskotheken erarbeitet. Diese beruht auf Erkenntnissen aus der Community-Arbeit und Beratungstätigkeit der Organisationen. Darin werden Maßnahmen aufgezeigt, um das Ziel der Nicht-Diskriminierung umzusetzen. Es geht in der Empfehlung besonders darum, bei der Betriebskultur anzusetzen und klare interne Prozesse aufzusetzen.

Weiterführende Informationen

Im Folder erfahren Sie, wie Sie sich gegen eine rassistisch motivierte Einlassverweigerung wehren oder als Zeug:in helfen können:

In der neuen Empfehlung wird Punkt für Punkt aufgeschlüsselt, welche Maßahmen Club- und Lokalbetreiber:innen ergreifen können, um das Ziel der Nicht-Diskriminierung umzusetzen und die gesetzlichen Rahmenbedingungen einzuhalten:

Die Empfehlung und Hausordnung sind das Ergebnis einer Zusammenarbeit von ZARA, dem Klagsverband, Black Voices und der Gleichbehandlungsanwaltschaft. Hier geht es zu den Websites von: